Nach der ersten, unbändigen Freude über das neue Leben, das da im Bauch heranwächst, folgt bei werdenden Eltern meist recht schnell das Gefühl der Verantwortung für dieses kleine Wesen und damit auch die Unsicherheit, ob und gegebenenfalls wie die Ernährung in der Schwangerschaft umgestellt werden sollte.
Gut gemeinte Ratschläge von allen Seiten reichen meist von „Kind, du musst jetzt für zwei essen!“ bis zu „Schwangerschaft ist doch keine Krankheit, alles bleibt wie bisher!“. Der richtige Weg liegt wie so oft dazwischen.
Abwechslungsreiche, gesunde Kost
Da das ungeborene Kind seine Nahrung über Nabelschnur und Plazenta direkt von seiner Mutter erhält, ist deren Ernährung zwar überaus wichtig für die Entwicklung des Kindes, aber es sollte keinesfalls „für zwei“ gegessen werden. Erst ab dem vierten Monat macht eine leicht erhöhte Kalorienzufuhr von ca. 300 kcal Sinn. Schwangere sollten vielmehr darauf achten, dass alle für die Entwicklung wichtigen Nährstoffe, Mineralien und Vitamine in ausreichender Menge aufgenommen werden. Hierzu ist vor allem eine ausgewogene, ballaststoffreiche und zuckerarme Ernährung zu empfehlen.
Welche Lebensmittel können nun konkret empfohlen werden?
Zu den empfehlenswerten Lebensmitteln zählen insbesondere Vollkornprodukte wie Vollkornbrot, Naturreis oder Vollkornnudeln (Vitamin B6, Eisen, Magnesium, Folsäure), Kartoffeln (Vitamin B6) und Hülsenfrüchte (Vitamin B6, Zink, Folsäure). Im Gemüseregal kann vor allem zu Feldsalat (Eisen), Tomaten (Folsäure), Möhren (Vitamin A), Paprika (Vitamin C), Brokkoli (Vitamin C, Kalzium), Kürbis (Vitamin A), Spinat (Eisen, Vitamin A, Kalzium) und Avocado (Vitamin B6) gegriffen werden.
Zweimal in der Woche gehört ein etwas fettreicherer Seefisch wie z. B. Lachs (Omega-3-Fettsäure, Vitamine B6, B12, D, Eisen, Jod) auf den Tisch. Fleisch (Vitamine B6, B12, Zink, Eisen) sollte mager sein und eher zurückhaltend gegessen werden. Als Snack zwischendurch empfehlen sich besonders Orangen (Vitamin C, Folsäure), Johannisbeeren (Vitamin C), Bananen (Magnesium), Milchprodukte (Kalzium, Eiweiß, Vitamin B12, Zink, Jod) und Nüsse (Zink, Magnesium).
Verwendete Pflanzenöle sollten reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Olivenöl, Sonnenblumenöl, Distelöl) und Omega-3-Fettsäuren (Lein-, Raps- und Walnussöl) sein.
Nahrungsergänzungsmittel: Ja oder nein?
Bei einer gesunden, abwechslungsreichen Ernährung ist die zusätzliche Zufuhr von Nährstoffen durch Nahrungsergänzungsmittel nicht notwendig. Im Fall von Vitamin A und Zink kann dies ohne ärztliche Rücksprache aufgrund drohender Überdosierung sogar schädlich sein. Einzig den erhöhten Bedarf an Folsäure können Schwangere nicht über die Nahrung decken und sollten daher zumindest in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft täglich ca. 400 Mikrogramm Folsäure über Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.
Hierdurch können Neuralrohrdefekte wirksam verhindert werden. Auch die zusätzliche Einnahme von Omega-3-Fettsäure ist überlegenswert. Unter ärztlicher Kontrolle kann in Einzelfällen auch die zusätzliche Zufuhr von Vitamin D im Winter oder gegebenenfalls von Eisen sinnvoll sein.
Achtung bei diesen Lebensmitteln
Einige wenige Lebensmittel sind während der Schwangerschaft komplett verboten. Hierzu zählt rohes Fleisch, da hierdurch Salmonellen oder Toxoplasmose-Erreger übertragen werden können. Dies bedeutet: kein Mettbrötchen mehr, kein Carpaccio und Rindersteak nur noch gut durchgebraten. Doch weil es auch bedeutet, temporären Abschied von Serrano- und Parmaschinken, Salami sowie Mettwurst zu nehmen, kann es für Schwangere in manchen Regionen an der Wursttheke schon mal kompliziert werden.
Wer jetzt meint, dafür an der Käsetheke beherzt zugreifen zu dürfen, wird schnell eines Besseren belehrt: Rohmilchprodukte sollten Schwangere ebenfalls streng meiden, denn hierdurch können Listerien übertragen werden. Leider werden einige der schmackhaftesten Käsesorten häufig aus Rohmilch hergestellt, beispielsweise Emmentaler, Bergkäse, Roquefort und französischer Camembert.
Zum Glück kommt das deutsche Lebensmittelrecht werden den Müttern zu Hilfe, denn Rohmilch-Erzeugnisse müssen extra gekennzeichnet werden. Wo nichts extra vermerkt ist, ist also auch keine Rohmilch enthalten. Bei loser Ware aus der Bedienungstheke ist allerdings konsequentes Nachfragen bei der Käsefachfrau des Vertrauens empfehlenswert. Käsesorten mit sogenannter Rotkultur wie Limburger oder Munster beinhalten ebenfalls eine erhöhte Listeriengefahr.
Oftmals wird empfohlen, auch auf Weichkäse mit weißem (Camembert) und blauem (Gorgonzola) Edelschimmel zu verzichten. Roher Fisch, z. B. Sushi oder Räucherlachs, ist ebenfalls tabu. Auch Raubfische wie Thunfisch und Schwertfisch sind für werdende Mamas nicht empfehlenswert, weil diese über die Nahrungskette besonders viele Schwermetalle, insbesondere Quecksilber, anreichern.
Leber kann als Filterorgan ebenfalls besonders reich an Schwermetallen und Giftstoffen sein. Tee und Kaffee sind in geringen Mengen erlaubt. Alkohol sollte während der Schwangerschaft jedoch vermieden werden. Es gibt inzwischen glücklicherweise wundervollen Ersatz, von alkoholfreiem Bier bis zu hochwertigen Apfel-, Trauben- oder Quitten-Seccos.
Auch vegetarische und vegane Ernährung ist möglich
Vegetarierinnen und Veganerinnen stellen sich häufig die Frage, ob sie ihre Ernährungsweise während der Schwangerschaft wie gewohnt fortführen können. Ovo-lacto-Vegetarier können eine ausreichende Nährstoffversorgung meist über eine gut geplante Ernährung sicherstellen. Insbesondere Veganerinnen sollten jedoch dringend ihren Arzt befragen, denn einige Nährstoffe wie beispielsweise das Vitamin B12 sind sehr schwer über nichttierische Lebensmittel zuzuführen.
Hier kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln angezeigt sein. Dies sollte jedoch unbedingt mit einem erfahrenen Arzt abgeklärt werden, um schädliche Überdosierungen zu vermeiden. Insgesamt lässt sich festhalten, dass ein normaler, ausgewogener Speiseplan unter Auslassung einiger weniger, problematischer Lebensmittel in den meisten Fällen völlig ausreichend ist. Lediglich Folsäure sollte zwingend zusätzlich eingenommen werden.
Da Essen auch viel mit Lebensqualität zu tun hat, sollten werdende Mütter nicht zu streng oder gar asketisch sein. Denn wenn sich die Mama wohlfühlt, überträgt sich diese Zufriedenheit auch auf ihr Baby. Eine gesunde, aber entspannte Ernährung versorgt nicht nur das ungeborene Kind optimal, sondern stellt gleichzeitig schon die Weichen für eine gesunde Ernährung der gesamten Familie nach der Schwangerschaft.