Dass jede Geburt für die Mutter ein ziemlicher Kraftakt ist, dürfte klar sein. Aber welche Aufgaben sollten denn auf den männlichen Part dieser entstehenden Familie entfallen? Der folgende Artikel gibt für diese nervösen Stunden Tipps.
Früher war alles besser?
Dass wir überhaupt einen solchen Artikel schreiben ist nur einer Entwicklung zu verdanken, die großmaßstäblich erst in den 1980ern/1990ern aufblühte. Denn zuvor war der Aufgabenkatalog von Papas während der Geburt darauf beschränkt, in der Wartezone vor dem Kreißsaal zu sitzen. Drin zu sein war höchst unüblich und bis in die 1970er sogar untersagt. Und denkt man noch einige Jahre weiter zurück, war auch das gesamte Geburts-Thema ausschließlich Frauensache. Keine gemeinsamen Kurse, keine Planung. Man(n) gab seine Frau in die Obhut von Ärzten oder eher Hebammen, damit war der männliche Part des Jobs beendet, bis man den Stammhalter in die Arme gedrückt bekam.
Simpler war das. Aber es brachte auch unzählige Männer um die kostbare Erfahrung, die es bedeutet, bei der Geburt dabei zu sein – die allermeisten Väter berichten einvernehmlich, dass es für die Bindung zu Kind und Partnerin ausschließlich Vorteile hat. Einmal ganz abgesehen davon, dass man nicht bange Stunden mit Warten verbringen muss, sondern jeden Schritt mitbekommt.
Aufgabe 1: Ein guter, besonnener(!) Fahrer sein
Es wäre höchst fahrlässig, sich selbst mit leichten Wehen selbst ans Steuer zu begeben – schon die Schmerzen lenken ab, dazu die Nervosität. Bedeute, falls es nicht das Taxi tut, dass für diesen Sonderfall die automobile Rollenverteilung patriarchalisch wird. Und es gibt dabei eine Regel:
Es gibt keinen Grund, hektisch zu fahren oder gar zu rasen! Der Zeitgewinn ist minimal, dafür steigt das Risiko für einen Unfall signifikant!
Tatsächlich ist es die erste Geburts-Aufgabe werdender Väter, sich trotz Nervosität am Riemen zu reißen und am Steuer cool zu sein. Dazu hilft es ungemein, wenn man Wochen zuvor die Strecke von zuhause bis zum Krankenhaus auch mal zur Unzeit abgefahren ist.
Aufgabe 2: Einchecken
Kinderkriegen kann eine ziemlich heftige Überraschung sein – längst nicht immer kündigen sich Wehen so kontrolliert mit viel Vorlaufzeit an, wie man es im Fernsehen zu sehen bekommt. Es kann also gut sein, dass man auf dem Parkplatz für werdende Eltern stehenbleibt und drin schon von Pflegekräften mit Rollstuhl erwartet wird. Für den Moment kann man als Vater dann einen wichtigen Job erledigen: Einchecken. Dazu sollte man schon lange vor der Geburt folgendes in die Geburtstasche packen (nicht nur dem Vater übergeben, schließlich kann es ja auch vorkommen, dass der nicht da ist, wenn es losgeht, sondern bspw. von der Arbeit aus ins Krankenhaus kommen muss):
- Überweisung/Einweisung
- Versichertenkarten
- Personalausweis der werdenden Mutter
- Stammbuch
Aufgabe 3: Mitdenken und da sein
Bei den allermeisten Geburten werden sich Mama und Papa danach zunächst in einem normalen Kranken- oder Untersuchungszimmer wiederfinden – auch wenn es sich anders anfühlt, eine normale Geburtsdauer beträgt zwischen vier und 18 Stunden, bei Erstlingsgeburten eher letzteres. Zunächst wird die Frau untersucht werden. Hier kann man als Mann folgendes tun:
- Darauf achten, dass die Frau genug trinkt.
- Sie massieren, vor allem bei Wehen.
- Die Kommunikation mit der Familie übernehmen, dass es „losgeht“ – aber bitte nicht die halbe Welt in Kenntnis setzen (Stichwort Facebook).
- Sie zu Toilettengängen begleiten.
- Unterstützen, falls zur Förderung der Geburtstätigkeit leichte Spaziergänge angeordnet werden.
- Vorlesen, reden, sie unterhalten – kurzgesagt ablenken.
Das Warten kann viele Stunden dauern und ist vor allem für Erstlingseltern oft der nervenaufreibendste Part, weil später im Kreißsaal alles meist so schnell geht, dass man wenig Zeit hat, groß nachzudenken.
Aufgabe 4: Unter allen Umständen Nerven behalten
Irgendwann wird es soweit sein, dass die Frau in den Kreißsaal verlegt wird. Man(n) bekommt passende Überbekleidung, muss sich waschen.
Es ist vollkommen normal, dass einem spätestens jetzt das Herz in die Hose rutschen wird. Doch das braucht es nicht. Egal ob mit Hebamme oder Ärzteteam, Frau und Kind sind nun in besten Händen.
Man wird Angst haben, wird sich ausmalen, dass etwas schiefgehen könnte. Weg mit diesen Gedanken. Das wird nicht passieren. Jetzt muss man buchstäblich seinen Mann stehen, auch wenn einen die Angst am Kragen packt.
Aufgabe 5: Keine Fettnäpfchen betreten
Dem werdenden Vater wird niemand abverlangen, mehr zu tun, als am Kopfende zu sitzen. Wer cool bleibt, seiner Frau über die Stirn streichelt, der macht alles richtig. Wer jedoch so cool ist, dass er das Handy auspackt, der übertritt bereits eines der wichtigsten Do’s und Dont’s für Männer im Kreißsaal – er zeigt nicht genug Anteilnahme. Was also unterlassen? Ganz einfach:
- Niemals mit dem Personal anlegen. Für die ist das absolute Routine, auch wenn es einem selbst falsch vorkommen mag.
- Sich nicht abkapseln. Ein guter Vater in Spe fragt seine Frau regelmäßig, ob sie etwas braucht und hilft ihr beim Ausführen von Geburtshaltungen.
- Sich nicht zartbesaitet geben. Für die Frau sind die Geburtsschmerzen mitunter extrem. Die davon ausgelöste Wut richtet sich oft gegen den Partner. Ist nicht so gemeint.
- Bloß nicht den Dokumentator spielen. Der Platz ist an der Kopfseite der Frau. Nicht mit der Kamera im Anschlag an ihrem Fußende.
Aufgabe 6: Fragen und Gedanken lesen
Einer Frau in den Wehen gehen zigtausend Fragen durch den Kopf. Vieles bekam sie vielleicht schon in den Vorbereitungskursen beantwortet, das meiste kann ihr gestresstes Gehirn jedoch gerade nicht abrufen – immerhin presst sich gerade ein Babykopf mit 32 bis 37 Zentimetern Umfang durch ihren Geburtskanal. Hier muss man als Mann durchaus in der Lage sein, etwas ihre Gedanken zu lesen – und das Personal zu fragen. Was es gerade macht, wie weit das Kind ist, ob man irgendetwas tun kann/soll. Man selbst kennt die Antworten vielleicht. Aber man liegt ja auch nicht in den Wehen.
Aufgabe 7: Mut machen und anfeuern
Der Teil aller Väter, die Fußball mögen, weiß, welche Kräfte es in einem völlig erledigten Team noch wecken kann, wenn seine Fans es nochmal kräftig anfeuern. Eine Geburt ist für die Frau anstrengender als jedes Match samt Verlängerung – und dauert oft genug ein Vielfaches. Die letzte, sicherlich aber zentrale Aufgabe des werdenden Vaters ist es, auch nach Stunden der Schmerzen noch zu loben, die Frau anzufeuern und ihr moralischen Rückhalt zu geben. Tatsächlich ist das bei manchen Geburten die kostbarste aller Hilfen. Auch man selbst wird nach einem solchen „Fight“ ziemlich erledigt sein. Aber wenn einem eine Pflegekraft dann eine Schere für die Nabelschnur reicht und man seinen verschrumpelten, aber wunderschönen Nachwuchs erstmalig in den Armen hält, ist all das vergessen.